Manchmal muss man springen

Es gibt Momente, in denen muss man größer sein, als man von sich gewöhnt ist. Da muss man springen. Über den eigenen Schatten, über das emotionale Gepäck, über die liebgewonnenen Eigenheiten. Die Vorstellung, dass man dazu alles, was man ist und hat, zusammennehmen muss, ist ganz verkehrt. Man muss sich vielmehr ganz loslassen, vergessen, dass es so etwas wie Ich gibt und einfach springen.

Das hat viel mit Glauben zu tun. Und ich meine nicht Glauben an einen Gott, an eine Kirche, an Tradition, sondern eher Urvertrauen. Daran zu glauben, dass man einen Platz in der Welt hat und dass man da irgendwie irgendwann schon hinkommen wird, hat nichts mit Logik und Berechnung zu tun und deswegen ist es eigentlich widersinnig und inzwischen, das gebe ich zu, auch völlig anachronistisch. Es ist in den meisten Freundeskreisen okay, daran zu glauben, dass man etwas aus sich selbst machen kann, aber daran zu glauben, dass es schon irgendwie werden wird, sieht von außen ziemlich idiotisch aus. Gegen diese verbreitete Annahme möchte ich die Behauptung stellen, dass es keine Schwäche ist, an so etwas zu glauben, keine Ausflucht, sondern im Gegenteil ziemlich mutig, weil man nicht durch das Netz des gesunden Menschenverstandes abgesichert ist. Aber wer glaubt, kann springen.

Ich bin in meinem Leben mehrfach gesprungen. Es war nie besonders schön und es hatte immer viel mit „Trotzdem“ zu tun. Gegen den Sinn, gegen die Logik, macht man etwas, von dem man nicht weiß, wie es enden wird. Weil man sonst nie größer sein wird als jeder prosaische Tag vom Morgen bis zum Abend lang ist. Und das reicht nicht.

2 Kommentare
  1. Will man also lyrisch sein, anstatt prosaisch, reicht es wieder nicht? Ich dachte noch, es müsse mal genug sein! Sich aber immer ins kälteste Wasser, vom höchsten Gebäude zu werfen, nur um sich zu versichern, dass man soso robust ist und nicht totzukriegen?

    • juebla sagte:

      Nein, so exzessiv muss es nicht sein. Nicht um sich was zu beweisen, darum gings mir nicht. Und man soll das auch nicht ständig machen. Aber als grundsätzliche Fähigkeit finde ich das schon hilfreich.

Hinterlasse einen Kommentar