Monster unterm Bett

Als ich klein war, habe ich mir, wie wahrscheinlich alle Kinder, öfter mal eingebildet, unter meinem Bett wäre ein Monster. In meinem Fall war es kein besonders kreatives Monster – nur ein blau leuchtender, aufrecht gehender Wolf.

Angeblich legen Kinder die Angst vor unsichtbaren Monstern irgendwann ab. Oder es kommt eine Susan, wie bei Terry Pratchett, und verdrischt sie mit dem Schürhaken, damit sie verschwinden. Was aber nicht verschwindet, ist das wiederkehrende Gefühl, dass etwas da ist, was man nicht sehen kann, eine Bedrohung, die man im Augenwinkel zu sehen meint, aber wenn man hinguckt, ist da nichts. Unter dem Bett, hinter der Tür, zwischen zwei Atemzügen.

Gefühle sind natürlich ein unsicheres Gebiet. Sie spiegeln innere Realität, nicht äußere, und das ist ein Problem, wenn einem beigebracht wurde, sich „auf sein Gefühl zu verlassen“. Ich bin der Meinung, an allem ist Antoine de Saint-Exupéry mit seinem Scheiß-Fuchs schuld. Der sagt zum Kleinen Prinzen: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“. Ich habe diesen Spruch schon viel zu oft auf Postkarten, in Poesiealben und auf facebook-Pinnwänden gelesen und ich will ihn bitte nie, nie wieder sehen. Bemühungen, „mit dem Herzen zu sehen“, führen dazu, dass man alles Mögliche sieht bzw. fühlt und es für wahr hält. Und das Meiste davon ist eben nur in der inneren Welt „wahr“. Z.B. die Monster unterm Bett. Wenn ich nach meinem Gefühl gehe, dann komme ich zu dem Schluss, dass die Welt voll von Monstern ist, dass überall Bedrohungen lauern, die ich noch nicht sehe.

Im Englischen nennt man so eine diffuse Angst vor einem sich noch nicht zu erkennen gebenden drohenden Unheil „sense of impending doom“.  Es gibt dazu einen großartigen Cartoon von Natalie Dee, den man sich eigentlich gerahmt an die Wand hängen müsste:

Menschen, die diesen „sense of impending doom“ gut kennen, wissen meistens, dass man ihn nicht ernst nehmen darf. So viele Bedrohungen wie Befürchtungen gibt es gar nicht. Es mag ja sein, dass man „ein Gefühl“ hat, aber das heißt meistens noch gar nichts  –  ich hab z.B. ständig irgendwelche Gefühle, aber den meisten davon ist, das tut mir jetzt leid, das so grob zu sagen, sowas von überhaupt nicht zu trauen. Die sind einfach totaler Scheiß. Das Motto zu dieser Erkenntnis stammt übrigens von Radiohead, die in besonders obsessiven Zeiten immer im Bus in mein Ohr singen durften: „Just cause you feel it, that doesn’t mean it’s real„.

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